St.-Stephanus-Kirche

Die St. Stephanus-Kirche

Kirchstr. 1, 26419 Schortens

Achtung: die Kirche ist derzeit nur nach Absprache geöffnet. Bitte kontaktieren Sie vor Ihrem Besuch das Kirchenbüro 04461 80001

Ein Rundgang in bewegten Bildern

St. Stephanus 1163-2023

Seit 870 Jahren ist St. Stephanus die Gemeindekirche der Schortenser und Schortenserinnen - und etliche haben darin ihre Spuren hinterlassen. Unser Film, den wir anlässlich des Kirchenjubiläums gedreht haben, nimmt Sie mit auf einen Rundgang durch die St. Stephanus-Kirche, und Sie werden einige von ihnen kennenlernen...

Hier geht's zum Film: Ein Rundgang durch die Gemeindekirche St. Stephanus zu Schortens - YouTube

Lage und Geschichte

Das alte Dorf Schortens liegt hochwassersicher auf einem eiszeitlichen Geestrücken. Nicht weit von der Kirche entfernt wurde ein vom 6. bis zum 12. Jahrhundert belegtes Gräberfeld ausgegraben, das ungefährdet ohne jede künstliche Erhöhung im gewachsenen Boden liegt.
Dass die St.-Stephanus-Kirche trotzdem auf einer hohen Warft steht, ist einzig dem Verlangen der Oestringer, der hier ansässigen Friesen, zuzuschreiben, das Gebäude weithin sichtbar zu machen, das sie bald nach 1153 aus Stolz auf einen Sieg über ein überlegenes sächsisches Heer errichtet haben. Bis dahin besaßen die Schortenser keine eigene Kirche, sondern sie waren im 7 km entfernt gelegenen Kirchdorf Sandel eingepfarrt.

Die erste Steinkirche

Nach den bis dahin üblichen Holzkirchen erbauten die Oestringer die erste steinerne Kirche auf der Ostfriesischen Halbinsel – aus Granitfindlingen von der heimischen Geest sowie Tuff aus der Eifel, der auf dem Wasserweg hertransportiert wurde. Das massive, zwei Meter breite Granit-Fundament, das im Baufortschritt von allen Seiten mit Sand und Heideplaggen angeworfen wurde, bildet den Kern der wirklich einmaligen, 4,50 Meter hohen Warft.

Die Südwand und die Nordwand

Die St.-Stephanus-Kirche ist ein ungegliederter Apsissaal mit halbrunder Apsis. An der Südwand ist noch recht gut zu erkennen, dass die Auߟenmauern ursprünglich zu einem Drittel aus rechteckig bearbeiteten Granitquadern bestanden, darüber zu zwei Dritteln aus Tuff. Im oberen Drittel lagen fünf schmale, romanische Fenster, die später verlängert oder erweitert wurden. Die als Zugang für die Männer gedachte Südtür ist erhalten.

Die Nordwand wurde 1361 wurde im Rahmen einer Häuptlingsfehde untergraben und stürzte ein. Beim hastigen Wiederaufbau des für ihr Selbstbewusstsein so wichtigen Gebäudes nutzten die Schortenser in buntem Durcheinander alles erreichbare Material: Tuff, Granit, Sandstein und den ab etwa 1200 n.Chr. verwendeten, an Ort und Stelle gebrannten Backstein. Der Anblick dieser Wand ist recht ungewöhnlich! Die Frauentür wurde zugemauert.

Die Apsis

Die eingezogene, halbrunde Chorapsis war ursprünglich niedriger als der Dachfirst und hatte – wie es bei den hiesigen Kirchen üblich ist – drei Fenster als Symbol für die Dreifaltigkeit. Sie wurde nach 1361 abgerissen und neu bis zum Dachfirst aufgemauert. Anstelle der drei kleinen Fenster wurden jetzt fünf groߟe eingefügt, an deren Basis man vier rätselhafte, mannshohe Kreuze aus Sandstein setzte.

Wo immer an der Kirche Sandstein verwandt ist, z.B. auch an der nach 1361 veränderten Südtür, findet man tiefe Rillen, sogenannte Wetzrillen, aus denen sich die frommen Katholiken etwas geweihten Stein schabten und mit nach Hause nahmen.

Der Turm

Weil die St.-Stephanus-Kirche auf tragfähigem Sandboden erbaut ist, konnte man ihren Turm direkt an das Schiff anbauen, was ihr außergewöhnliches Erscheinungsbild noch betonte. In der Marsch stehen die Türme gesondert neben den Kirchen! 1660 schlug der Blitz in die 30 m hohe Spitze, die man auf den 27 m hohen Turmkörper gesetzt hatte.
Nach einer provisorischen Reparatur brach 1678 der angeschlagene Turm zusammen und krachte auf das Kirchenschiff. 1680 war die um zwei Meter nach Osten verlegte Westwand aus Backstein wieder aufgebaut; der Turm selbst konnte erst 1728 aus Backstein erneuert werden.
Nach einem weiteren Blitzschlag 1817 erhielt er ein Zeltdach und das heutige Aussehen, das in nichts mehr an die alte Pracht erinnert.

Der Lettner

Im Inneren des hellen, in angenehmen Farben gehaltenen Kirchenschiffs fällt sogleich der ungewöhnliche Backsteinlettner ins Auge, der einer quer in den Raum gestellten Brücke aus drei Bögen gleicht. Solche Lettner, von denen es vor der Reformation auf der Ostfriesischen Halbinsel 23 gab, wurden im 15. Jahrhundert quer in die Kirchen eingebaut, weil man im Rahmen der wachsenden Ablassfrömmigkeit Raum für Seitenaltäre brauchte. Die beiden äuߟeren Bögen waren nach hinten durch eine Mauer verschlossen und boten Platz für Seitenaltäre. Durch den mittleren Bogen blieb der Blick frei auf den Hauptaltar. Oben auf der Lettnerbühne las der Priester Epistel und Evangelien (lat. lesen: legere; daher Lettner, Lektorium, Lektor). 1869 wurden die Rückwände zur Hälfte abgetragen, 1953 ganz. Heute sind auf der Ostfriesischen Halbinsel im Ganzen nur noch fünf Lettner erhalten. In Schortens hat Gerd Gerdes Kleihauer 1710 eine schöne, mit Propheten bemalte hölzerne Lettner-Brüstung gestiftet. Da nach der Reformation oben auf dem Lettner zusätzliche Sitzplätze für Frauen eingerichtet wurden – die Männer saߟen auf dem Orgelboden – spricht man hier vom Ollwievvolksboen (Altweiberboden).

Der spätgotische Flügelaltar

Aus der Zeit vor der Reformation ist nicht nur der Lettner erhalten, sondern auch der prachtvolle Dreiflügelaltar, ein Triptychon, das nach 1505 wahrscheinlich in Bremen geschnitzt wurde. In der groߟen Golgatha-Szene im Mittelschrein und in je 12 Reliefs in beiden Seitenflügeln wird auf eindrückliche Weise die Geschichte von Christi Marter, seinem Tod und seiner Auferstehung erzählt. Das aus Eichenholz geschnitzte Retabel, das durch zweimaliges Abbeizen 1898 und 1933 heftig gelitten hatte, wurde von November 2000 bis Ostern 2001 vorbildlich restauriert. Eine groߟe Hilfe waren dabei für die Restauratoren die Kupferstiche des Israhel van Meckenem, die der Schnitzer als Vorbilder genutzt hat und die die Schortenser Kirchenforscherin Ingeborg Nöldeke in der Literatur auffinden konnte.

Ausführlichere Informationen und detaillierte Bilder des Altars HIER.

Die Kanzel

Graf Anton Günter von Oldenburg bestach im Dreißigjährigen Krieg die katholischen Truppen, indem er ihnen die von seinen Bauern gezüchteten hochbegehrten Oldenburger Pferde lieferte. Auf diese Weise wurde sein Land, zu dem auch das Jeverland gehörte, vor Zerstörungen bewahrt, und der Bauer Witrich Gerrelß konnte zusammen mit seiner Frau Tjamd 1642 der Kirche eine ansehnliche, aus Eichenholz geschnitzte Barockkanzel mit Schalldeckel aus der Münstermann-Schule stiften. Vollrund geschnitzte Statuen der vier großen Propheten Esaias, Jeremia, Ezechiel und Daniel schmücken den Kanzelkorb.

Die Orgel

Für die Ausgestaltung des lutherischen Gottesdienstes war der vom Küster mit den Schulkindern eingeübte und mit der Orgel begleitete Gemeindegesang von hervorragender Bedeutung. Nachdem die erste, 1640 erbaute Schortenser Orgel beim Einsturz der Westwand 1676 zerstört worden war, baute der Jeversche Orgelbaumeister Joachim Kayser das heutige Instrument. Ob er dabei noch möglicherweise nach dem Unglück heil gebliebene Orgelteile verwendet hat, bleibt ungewiss. Die Orgel besaß ein Manual mit 7 Stimmen und ein angehängtes Pedal (ohne eigene Pfeifen). An dem schönen, mit Zimbelsternen geschmückten Prospekt steht die Jahreszahl 1686.

In den folgenden Jahrhunderten hat die Orgel Reparaturen und Umbauten erlebt. Auch wurde die Orgel 1936/37 um ein weiteres Manualwerk und ein selbständiges Pedalwerk erweitert. Jedes Mal waren es Eingriffe im Sinne und nach Geschmack der Zeit.

1975 hat Firma Führer aus Wilhelmshaven unter der Leitung vom Orgelbauer Fritz Schild die Kayser-Orgel ein weiteres Mal erweitert. Diesmal geschah dies nach damals modernen Erkenntnissen über den historischen Orgelbau. Es entstand ein teilweise neues Instrument mit zwei Manualen und Pedal. Optisch wurde die Kayser-Gehäusestruktur beibehalten. Die neuen Werke sind „unsichtbar“ hinter dem alten Werk platziert.

Das Instrument besteht heute aus Orgelteilen verschiedener Jahrhunderte: das Gehäuse des Hauptwerkes stammt teilweise von Joachim Kayser 1686, vier Register stammen aus dieser Zeit (anderes ist bis jetzt nicht festgestellt): Principal 8’, Oktave 4’, Oktave 2’, Gedackt 8. Windlade und Teile der Spielmechanik des Hauptwerkes stammen von OB Schmid I 1799, die Pedalklaviatur und einige Register im Hauptwerk von Firma Führer aus dem Jahr 1937 und das zweite Manual und das Pedal aus dem Jahr 1975."

Der Taufstein

Ein ungewöhnliches Stück ist der hölzerne Jugendstil-Taufstein, den die Gemeinde Schortens 1917 zum 400. Jahrestag von Luthers Thesenanschlag gestiftet hat und der nach einem Entwurf des Oldenburger Professors Winter geschnitzt worden ist.

Literatur und Weiterführendes

Seit vielen Jahren erforscht die Schortenserin Ingeborg Nöldeke die Geschichte der St.-Stephanus-Kirche und des Schortenser Altars. Ihre Schriften und anderes finden Sie hier: Literatur zu Schortens und der St.-Stephanus-Kirche

Zeittafel zur Geschichte der St.-Stephanus-Kirche und der Kirchengemeinde Schortens von Ingeborg Nöldeke

Die St.-Stephanus-Kirche auf der Fahrrandkarte "Kirchen im Jever- und Harlingerland" (2022)

Der Altar der St.-Stephanus-Kirche im Detail >> HIER.

Norddeutsche Orgelmusikkultur in Niedersachsen

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